Manche Dinge kommen langsam. Sie schleichen so dahin und erleiden Rückschläge. Aber auf einmal sind sie doch wieder da, nur eben durch die Hintertür...
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UK Wahl - Von Siegern und VerlierernZunächst: David Cameron hat die Wahl überraschend deutlich gewonnen. Hatten die Umfragen noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den britischen Sozialdemokraten und Konservativen erwarten lassen, so gehen David Cameron und die Torys nun mit einer absoluten Mehrheit durchs Ziel.
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Vielmehr waren es wohl zwei Dinge, die den Sieg der Torys, der bei genauerem Hinsehen gar nicht so glorreich ist, ermöglicht haben dürften. Zum einen der tiefe Riss, der durch das Vereinigte Königreich geht. Das Unabhängigkeitsreferendum der Schotten scheiterte zwar im letzten Herbst, aber mit den gestrigen Unterhauswahlen wurde die Spaltung dennoch faktisch vollzogen:
Die in Schottland traditionell starken Sozialdemokraten sind dort praktisch nicht mehr existent. Fast alle schottischen Unterhaussitze fielen an die Nationalisten, die zwar genauso sozialistisch gesonnen sind wie Labour unter Ed Miliband, aber sie denken eben schottisch und nicht britisch. Dies ist übrigens ein bemerkenswertes Signal für alle Sezessionsbewegungen in Europa und an die EU selbst. In Spanien, Italien, in Belgien sowieso – überall gibt es Bestrebungen, sich vom Zentralstaat zu lösen. Mit jeder Wahl werden jene Parteien, die eine Sezession unterstützen, stärker. Die nationalen Zentralregierungen müssen hier immer größere Zugeständnisse machen – David Cameron wird dies in Bälde leidvoll erfahren. Eigentlich läge hierin eine riesige Chance für die EU. Sie könnte sich als Dach begreifen, unter dem alle europäischen Ethnien und Volksgruppen friedlich neben- und auch miteinander leben können. Dazu aber müsste Brüssel zu den Wurzeln zurückkehren und endlich begreifen, dass Subsidiarität ein Kernprinzip politischer Vernunft ist. Da dies zeitgleich eine Abkehr vom Prinzip „Superstaat Europa“ und dem Brüsseler Zentralismus bedeuten würde, steht nicht zu erwarten, dass diese Chance, sich wieder Legitimität und Zuspruch zu verschaffen, erkannt, geschweige denn genutzt wird – zumindest mit dem derzeitigen Personal ist dies ausgeschlossen.
Der zweite Grund liegt im versprochenen Referendum über die Zugehörigkeit zur EU. Dass die Briten als einzige (große) Netto-Gebernation über die Zugehörigkeit zur EU abstimmen dürfen werden, ist grundsätzlich begrüßenswert. Allerdings dürften die Konsequenzen für Deutschland in jedem Falle schlecht sein.
Denn entweder gelingt es Cameron, die britische Mitgliedschaft grundsätzlich neu zu verhandeln, so dass seine Bürger dann doch für den Verbleib in der EU stimmen. Dies würde aber vermutlich zu weiter steigenden Belastungen für die deutschen Steuerzahler führen. Gelingt dies nicht und die Briten entscheiden sich gegen die EU, ändert sich für Großbritannien voraussichtlich wenig. Das Land könnte wohl relativ einfach seine EFTA-Mitgliedschaft reaktivieren und so weiterhin an den Märkten der EU partizipieren. Deutschland aber würde den letzten gewichtigen Verbündeten gegen den geld- und wirtschaftspolitischen Wahnsinn der Euro-Südschiene verlieren.
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Wenn auch die Deutschen ihre EU-Mitgliedschaft dann neu verhandeln oder gleich aus der Euro-Zone ausscheiden könnten, wäre dies nicht weiter schlimm. Dies ist aber zum gegenwärtigen Stand bedauerlicherweise Wunschdenken. So könnte es am Ende sein, dass der große Verlierer der britischen Unterhauswahlen nicht Labour, sondern Deutschland heißt.
http://ef-magazin.de/2015/05/12/6854-wa ... verlierern-> ef-magazin.de/2015/05/12/6854-wahlen-in-grossbritannien-von-siegern-und-verlierern