(1) Auf Island zahlen die Banken die Zeche
(2) Mehr Schweiz wagen !
=== Auf Island zahlen die Banken die Zeche
Die isländische Regierung plant einen Schuldenschnitt für Privathaushalte, um die Folgen der Finanzkrise zu mildern. Aufkommen sollen dafür unter anderem die ausländischen Gläubiger der im Herbst 2008 unter der Last ihrer Verbindlichkeiten zusammengebrochenen Großbanken des Landes. Die Banken hatten zuvor im großen Stil Immobilienkredite in ausländischen Währungen ausgereicht, vor allem in Dollar, Euro, Franken und Yen. Da der Wechselkurs der isländischen Krone in der Krise um mehr als zwei Drittel gefallen ist, überstieg die Hypothek für viele Schuldner bis heute den Marktwert ihrer Immobilie.
Ihnen soll der Schuldenschnitt Luft verschaffen, dessen Volumen Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson von der nationalliberalen Fortschrittspartei am Wochenende in Reykjavik auf 150 Milliarden Kronen oder 910 Millionen Euro bezifferte. Das entspricht 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Insel. Davon soll etwas mehr als die Hälfte auf die direkte Übernahme von ausstehenden Hypotheken durch das Finanzministerium entfallen, der Rest auf Steuervergünstigungen für die Rückzahlung von Krediten. Je Haushalt sollen so höchstens 25.000 Euro Schulden entfallen, die genaue Höhe richtet sich nach der Höhe und den Konditionen der jeweiligen Hypothek.
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Der Finanzminister kündigte eine Sondersteuer für die Banken des Landes an, die etwa ein Viertel der in Aussicht gestellten Summe decken soll. Diese Steuer soll nicht nur auf die Einlagen der aktiven Geschäftsbanken des Landes erhoben werden, sondern auch auf das Vermögen der in Abwicklungsgesellschaften überführten Reste der vor fünf Jahren zusammengebrochenen und verstaatlichten Großbanken Landsbanki, Kaupthing und Glitnir. Betroffen sind daher nicht zuletzt die ausländischen Gläubiger dieser Abwicklungsfälle, die bis heute auf die Auszahlung ihrer Forderungen warten.
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http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/e ... 89715.html
=== Mehr Schweiz wagen!
... Denn die Schweizer Bilanz ist sehr beeindruckend. So kennt unser südlicher Nachbar keine Arbeitslosigkeit, die öffentliche Verschuldung ist auf einem beneidenswerten Niveau von unter 28 Prozent zur Wirtschaftsleistung. Die Schweizer gehören mit einem durchschnittlichen Netto-Geldvermögen von über 141.000 Euro zu den wohlhabendsten Bürgern auf dieser Welt. Sie bringen pro Kopf nach Japan die meisten Patente hervor. Gleichzeitig sind sie nicht Mitglied der Europäischen Union, haben mit dem Schweizer Franken eine der werthaltigsten Währungen der Welt und haben neben dem Bankensektor einen starken industriellen Kern mit zahlreichen Weltmarktführern.
Die Voraussetzungen für diesen Erfolg sind der Schweiz nicht in die Wiege gelegt, denn die Schweiz ist weder reich an Bodenschätzen (lediglich Salz!), noch ist sie klimatisch besonders bevorzugt (allenfalls das Tessin), geschweige denn können die Eidgenossen auf einfache topographische Verhältnisse bauen. Aber vielleicht ist es genau das, was die Schweiz so erfolgreich macht. Die Schweizer hatten es einfach schwerer als andere. Sie mussten sich einfach mehr anstrengen als andere. Die vermeintlichen Nachteile der Natur machten die Schweizer zu einer Tugend. Sie organisierten sich in der Familie, im Dorf, in der Stadt, im Kanton und riefen nicht bei jedem Problem nach dem Zentralstaat in Bern. Daraus entwickelte sich über viele Jahrzehnte und über Jahrhunderte eine Kultur der Machtteilung durch dezentrale Entscheidungsstrukturen, durch Wettbewerbsföderalismus und direkte Demokratie.
In der Schweiz werden rund 20 Prozent des Steueraufkommens vom Bundesstaat vereinnahmt und ausgegeben. In Deutschland sind es rund 50 Prozent. Die Schweiz kennt lediglich ein Milizparlament von Teilzeitabgeordneten im Nationalrat in Bern. Viermal im Jahr kommt dieses Parlament zusammen und entscheidet innerhalb von drei Wochen alle Gesetzgebungsvorhaben. Viermal im Jahr können die Bürger im Rahmen von Volksbefragungen und Volksinitiativen Parlamentsentscheidungen korrigieren oder die Verfassung ändern. Die Schweiz kennt auch eine harte Nichtbeistandsklausel. Anders als im Euro-Raum steht diese nicht nur auf dem Papier, sondern wird in der Praxis auch durchgesetzt. Als 1998 die Gemeinde Leukerbad im Kanton Wallis zahlungsunfähig wurde, richtete sie einen Hilferuf an die Kantonalregierung im Wallis und an die Zentralregierung im fernen Bern – vergeblich. Auch das oberste Schweizer Gericht entschied gegen Leukerbad. Die Gläubiger mussten sich mit der Gemeinde auf einen Schuldenschnitt verständigen. Der Forderungsverzicht betrug am Ende 78 Prozent. Seitdem differenzieren die Finanzierungskonditionen der Schweizer Gemeinden und Kantone je nach Finanzkraft. Auch die Steuersätze spreizten sich von Kommune zu Kommune, von Kanton zu Kanton.
... Wer jetzt meint, das Schweizer Modell sei dennoch gescheitert, weil die Schweizer Nationalbank den Kurs des Franken bei 1,20 zum Euro fixiert hat, um die Exportindustrie zu stützen, verkennt, dass die Schweizer Nationalbank diese Politik jederzeit wieder ändern kann. Im Gegensatz zu uns. Wir sind im Währungsraum gefangen.
Die Schweiz hat früh gelernt, dass wirtschaftlich heterogene Währungsverbünde nicht funktionieren, insbesondere wenn sich keiner an die vereinbarten Regeln hält. Die Lateinische Münzunion (Schweiz, Griechenland, Frankreich, Belgien, Italien), die von 1865 bis zu ihrem wirtschaftlichen Ende 1914 bestand, zerbrach an der Unzuverlässigkeit ihrer Teilnehmer, die dazu führte, dass Griechenland bereits 1908 ausgeschlossen wurde, weil es zu viel Papiergeld in Umlauf brachte.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. So ist die private Verschuldung mit über 76.000 Euro pro Person und einem Verschuldungsgrad von 124 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung (Deutschland 59 Prozent) sehr hoch. Lediglich in Dänemark (148 Prozent) und den Niederlanden (139 Prozent) liegt sie höher. Wahrscheinlicher Grund ist die Immobilienblase. Rund um Zürich ist es fast unmöglich, als Normalverdiener Wohneigentum zu erwerben.
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Von Frank Schäffler (FDP)
http://ef-magazin.de/2013/11/15/4662-la ... weiz-wagen